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3. Personal der Treuhandanstalt

Im Juni 1990 hatte die Treuhandanstalt erst 130 Mitarbeiter, und am Tag der deutschen Vereinigung, am 3. Oktober 1990, waren es gerade 379. Die meisten Neuzugänge, 220 Mitarbeiter, kamen damals von den in Auflösung befindlichen Bezirksverwaltungen der DDR. Sie hatten zwischen April und Juni 1990 auf der Grundlage eines Unternehmensgesetzes der Modrow-Regierung bereits einen Großteil der 1972 enteigneten Klein- und Mittelbetriebe in Kapitalgesellschaften umgewandelt und an frühere Eigentümer zurückgegeben. Nutznießer dieser ersten, außerhalb der Treuhandanstalt erfolgten, Reprivatisierungswelle waren ausschließlich DDR-Bürger, die noch zu 7O Prozent in leitender Funktion in ihren ehemaligen Betriebe tätig waren. Unter den wenigen Neueinstellungen der Zeit zwischen Einführung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (1.7.1990) und der staatsrechtlichen Vereinigung (3.10.1990) waren nur elf Westdeutsche, die vornehmlich auf Vorstandsebene tätig wurden. Die Treuhandanstalt befand sich in den Monaten als die Wirtschaft schon vereingt war, die politische Einigung aber noch ausstand in einem prekären Schwebezustand [Fußnote 13]. Mit Beginn der Währungsunion konnten 8000 Unternehmen ihren Bedarf an Betriebsmitteln in DM-Beträgen bei der Treuhandanstalt anmelden - aufgeschlüsselt nach Lohnzahlungen, Sozialbeiträgen, Auftragsabwicklung, Investitionen etc. Da die Treuhandanstalt noch nicht direkt der Bundesregierung unterstand, aber von ihr mitfinanziert wurde, galt es diese Anträge weniger nach rechtlichen als nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu überprüfen. Damit wurden Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater beauftragt, die nach der staatsrechtlichen Vereinigung den Treuhand-Leitungsausschuß bilden sollten. Auf ihre Begutachtung ging die Entscheidung der Bundesregierung zurück, in der ersten Phase nur 41 Prozent der beantragten Betriebsmittel zu bewilligen - ein früher Dämpfer, den viele Geschäftsführer von DDR-Betrieben der Treuhandzentrale anlasteten.[Fußnote 14]

Die Bundesregierung finanzierte über drei Monate hinweg einen anderen Staat, ohne daß sie die Kontrolle und Rechtsaufsicht über dessen Mittelverwendung besessen hätte [Fußnote 15]. Sie verhielt sich nicht zuletzt aus diesem Grund äußerst restriktiv gegenüber Forderungen aus der DDR-Wirtschaft. Erst nach der Vereinigung konnten die Weichen für Massenprivatisierungen und das Aufbauprogramm-Ost gestellt werden.[Fußnote 16]

Die Mitarbeiter der Treuhandanstalt sind zunächst aus den Ministerien und Wirtschaftsbetrieben der DDR dorthin entstand worden. Im Juni 1993 kamen 69 Prozent von 4024 Beschäftigten aus der ehemaligen DDR. Die weitaus meisten dieser Mitarbeiter waren mit ausführenden Aufgaben betraut. Beispielsweise gehörten nur 17 Prozent aller 172 Abteilungsleiter des Jahres 1993 zu diesem Personenkreis. Ein Viertel davon war bereits vor der staatsrechtlichen Vereinigung im Oktober 1990 in der Treuhandanstalt beschäftigt.

Bereits 1991 und 1992 waren etliche politisch belastete Mitarbeiter nach Überprüfung durch Vertrauensbevollmächtigte er THA aus ihren Positionen entfernt worden [Fußnote 17]. Das westliche Leitungspersonal wurde vornehmlich über entsprechende Beziehungsnetzwerke rekrutiert. Gemäß der von Rohwedder ausgegebenen "Kopftheorie" wurde die Organisation von oben nach unten aufgebaut, indem die zuerst berufenen Direktoren ihre Abteilungsleiter und diese ihre Referenten nachzogen. Die wesentlichen Rekrutierungsfelder zeigt Tabelle 1.

Tabelle 1: Herkunft von THA-Mitarbeitern

(Abteilungsleiter/innen und Referenten)/innen)*

Wirtschaft West30,3
Staatsdienst DDR21,2
Öffentlicher Dienst West12,1
DDR-Wirtschaft 5,5
Gesellschaftliche Organisationen West 1,8
Gesellschaftliche Organisationen Ost 1,3
Andere, z.B. Berufsanfänger27,8

* Nach einer Umfrage in der Treuhandanstalt, vgl. Fußnote 28.


Fußnoten

13. Schäuble, Wolfgang: der Vertrag. Wie ich über die deutsche Einheit verhandelte, München (3. Aufl.) 1993, 121-122.

14. ebenda

15. Czada, Roland: Die Treuhandanstalt im Umfeld von Politik und Verbänden, in: Fischer, Wolfram, Herbert Hax, Hans-Karl Schneider (Hrsg.), Treuhandanstalt. Das Unmögliche wagen, Berlin: Akademie-Verlag, 148-173 (157)

16. Zur Entstehung und Implementation eines der ersten Programme, des "Gemeinschaftswerks Aufbau-Ost": Derlien, Hans-Ulrich, (Hrsg.) 1993: Programm "Gemeinschaftswerk Aufschwung-Ost" - Planung, Vollzug, Evaluation, (Werkstattbericht der Gesellschaft für Programmforschung in der Öffentlichen Verwaltung e.V.), München.

17. Krieger, Albrecht: Begegnungen mit der politischen Vergangenheit im Osten Deutschlands. Als Vertrauensbevolmächtigter beim Vorstand der Treuhandanstalt, in: Markus Bierich / Peter Hommelhoff / Bruno Kropff (hrsg.), Unternehmen und Unternehmensführung im Recht. Festschrift für Johannes Semler zum 70. Geburtstag. Berlin und New York: DeGruyter, 19-66.

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